VIDEOTECHNIKEN

So nimmt man bei Nacht Videos auf

Wie man das vorhandene Licht optimal nutzen kann, um auch nach Einbruch der Dunkelheit besondere Momente einzufangen.
Ein Mann filmt zwei Menschen in Winterkleidung, die aneinander gekuschelt am offenen Feuer Marshmallows rösten. Die Szene wird nur durch das Feuer und eine Lichterkette im Hintergrund beleuchtet.

Sobald man weiß, wie man eine Kamera bedient, ist die wichtigste Lektion, die man sowohl in der Fotografie als auch beim Filmemachen lernen muss, der Umgang mit dem Licht. Nachts sind die Lichtquellen begrenzt. Dennoch gibt es sicher viele Momente, die du festhalten möchtest – von feierlichen Anlässen bis zu tiefgründigen Gesprächen am Lagerfeuer. Video eignet sich besonders gut, um die kleinen, besonderen Momente einzufangen – die Art und Weise, wie sich Menschen bewegen, sprechen und lachen, die ein Foto nicht einfangen kann –, aber es kann schwierig sein zu wissen, wie man an das Filmen herangeht, wenn nur sehr wenig Licht vorhanden ist.

Die Verwendung eines höheren ISO-Werts erhöht die Lichtempfindlichkeit der Kamera, und die Wahl einer größeren Blende und einer längeren Belichtungszeit lässt mehr Licht auf den Sensor gelangen. Wenn man aber nicht weiß, wie diese Einstellungen im Verhältnis zur Aufnahmeumgebung eingestellt werden müssen, wird das Bild schnell körnig oder verschwommen. Mit ein wenig Wissen kannst du diese Hindernisse jedoch überwinden und deine Fähigkeiten als Filmemacher verbessern, um großartige Videos aufzunehmen, an denen du dich jahrelang erfreuen kannst.

Hier verrät Ellis Reed, Content Creator und Fotograf/Filmemacher aus Bath, Großbritannien, uns seine besten Tipps für Videoaufnahmen bei Nacht.

Die Einstellungen steuern

Man sieht Hände, die die ISO-Einstellungen an einer Canon Kamera anpassen. Der umgebende Hintergrund ist vollkommen dunkel, was darauf hindeutet, dass es Nacht ist.

Bei Videoaufnahmen in der Nacht erzielst du im manuellen Modus die besten Ergebnisse. Mach dich mit den Einstellungen der Kamera vertraut, bevor du mit der Aufnahme beginnst, und experimentiere mit ISO, Belichtungszeit und Blende, um den gewünschten Effekt zu erzielen.

Bei der Auswahl der Kameraeinstellungen für Nachtaufnahmen kannst du auch die Automatische Motiverkennung deiner Canon Kamera verwenden, um mit den Einstellungen zu arbeiten, die von der Kamera automatisch gewählt werden. Mit dem manuellen Modus hast du jedoch deutlich mehr Möglichkeiten, das Ergebnis selbst zu steuern.

Wenn du mit einer Kamera des Canon EOS R Systems wie der EOS R6 Mark II arbeitest, zeigt der elektronische Sucher die Auswirkungen der einzelnen Einstellungen auf die Belichtung in Echtzeit an, so dass du dich beim Umschalten auf den manuellen Modus ganz sicher fühlen kannst.

Es kann auch hilfreich sein, den Fokusmodus auf „Manuell“ zu stellen. Das Dual Pixel CMOS AF II System der EOS R6 Mark II und anderer Kameras wie der Canon EOS R7 und der Canon EOS R8 kann auch bei wenig Licht die Motive gut erkennen, aber wenn du in fast völliger Dunkelheit arbeitest, musst du möglicherweise manuell fokussieren. Verwende eine Taschenlampe, um das Motiv, das du fokussieren möchtest, zu beleuchten, und zoome es im Sucher heran, während du den Fokusring am Objektiv einstellst, bis es vollkommen scharf ist. Diese Methode ist auch für die Astrofotografie sehr nützlich, wenn es ganz dunkel ist und du auf ein Motiv im Vordergrund scharf stellen willst.

Die Blende weit öffnen

Wenn du bei wenig Licht filmst, ist es wichtig, dass von dem wenigen Licht so viel wie möglich auf den Sensor fällt. Eine Möglichkeit, das zu erreichen, besteht darin, die Blende so weit wie möglich zu öffnen, also die kleinstmögliche Blendenzahl auszuwählen. Während ein Zoomobjektiv eine gute und vielseitige Option für Aufnahmen bei Tageslicht ist, kann es sich lohnen, auf eine Festbrennweite wie das Canon RF 24mm F1.8 MACRO IS STM oder das Canon RF 35mm F1.8 MACRO IS STM umzusteigen, um die höhere Lichtstärke dieser Objektive zu nutzen.

Bildrate und Belichtungszeit wählen

Hände halten eine Canon EOS R6 Mark II mit ausgeklapptem Touchscreen, auf dem das Bild einer Holzhütte in einem Wald zu sehen ist.

Wenn du eine Belichtungszeit auswählst, die doppelt so hoch ist wie deine Bildrate, erhältst du eine natürliche, ästhetisch ansprechende Bewegungsunschärfe in deinem Video.

Zuerst wählst du die Bildrate. 24 Bilder pro Sekunde (B/s) sind der Standard in der Filmbranche, da sie das am natürlichsten wirkende Filmmaterial mit nur einem Hauch von Bewegungsunschärfe erzeugen. Höhere Bildraten wie 60 oder 120 B/s werden für Zeitlupenaufnahmen verwendet, die absichtlich unnatürlich wirken sollen.

Die Canon EOS R6 Mark II bietet die Möglichkeit, in 4K mit bis zu 60 B/s zu filmen und in 1.080p sogar bis zu 180 B/s – damit lassen sich extreme Zeitlupen aufnehmen.

Wenn du die Bildrate gewählt hast, verdoppelst du einfach die Zahl, um die Belichtungszeit festzulegen. Wenn du beispielsweise mit 25 B/s aufnimmst, wählst du eine Belichtungszeit von 1/50 Sek., um Bewegungsunschärfe zu vermeiden. Das ist eine gute Faustregel. Es gibt aber Situationen, in denen du das anpassen solltest, wie Ellis erklärt. „Wenn du absichtlich Bewegungsunschärfe hinzufügen willst, z.B. wenn du nachts auf einem Rummelplatz mit Lichtspuren eine hektische, geschäftige Stimmung erzeugen willst, dann erreichst du das mit einer Verlängerung der Belichtungszeit auf weniger als das Doppelte der Bildrate.“

Mit einem Weitwinkelobjektiv wie dem Canon RF 16mm F2.8 STM bekommt man so viel wie möglich von der Szene aufs Bild, was die hektische Stimmung noch verstärkt. Dieses leichte, extrem kompakte Objektiv ist auch ideal für das Vlogging. Da es jedoch keinen optischen Bildstabilisator hat, solltest du bei Aufnahmen aus der freien Hand den Movie Digital IS aktivieren. Diese Funktion ist für alle Kameras des Canon EOS R Systems verfügbar und stabilisiert die Aufnahmen elektronisch in der Kamera.

Die ISO prüfen

Ein Paar unterhält sich im Sitzen mit heißen Getränken in der Hand und wird dabei von einem Mann mit einer Canon EOS R6 Mark II gefilmt.

Mit ihrer hervorragenden ISO-Leistung eignet sich die Canon EOS R6 Mark II sehr gut für Aufnahmen bei wenig Licht, insbesondere in Kombination mit lichtstarken Objektiven wie dem Canon RF 85mm F2 MACRO IS STM oder dem Canon RF 24mm F1.8 MACRO IS STM.

Mit der ISO-Einstellung deiner Kamera kannst du steuern, wie empfindlich sie auf das Licht reagiert. Wenn du an einem sonnigen Tag im Freien fotografierst, wählst du meist ISO 100, um die Empfindlichkeit so weit wie möglich zu reduzieren. Bei bewölktem Himmel ist ISO 400 eine gute Wahl, und bei Nachtaufnahmen kannst du mit ISO 800 bis hin zu ISO 3.200 und höher experimentieren (je nach den Möglichkeiten der Kamera). Die Canon EOS R6 Mark II ermöglicht eine Empfindlichkeit bis zu ISO 102.400 (erweiterbar auf ISO 204.800) – je höher du aber gehst, desto mehr Bildrauschen wird auf den Videos zu sehen sein.

Das Licht beachten

Ein Mann hängt eine Lichterkette an einen großen Holzbalken.

Suche nach Möglichkeiten, Licht so in die Szene zu bringen, wie es der Stimmung der Aufnahme entspricht. Eine Lichterkette unterstreicht z.B. die gemütliche Atmosphäre dieser Lagerfeuerszene und sorgt gleichzeitig für eine sanfte Hintergrundbeleuchtung.

„Es ist besser, die Dunkelheit als ein unbeschriebenes Blatt und nicht als Herausforderung zu betrachten“, sagt Ellis. „Wenn man Möglichkeiten findet, das vorhandene Licht zu verwenden oder Kunstlicht einzusetzen, kann das zu sehr schönen kinoreifen Effekten führen.

Wenn du nachts filmst, solltest du nicht versuchen, die ganze Szene auszuleuchten. Suche stattdessen nach Lichtpunkten, die das Motiv hervorheben und eine Geschichte erzählen. Lagerfeuer, Schaufenster, Straßenlaternen und Autoscheinwerfer können genutzt werden, um Lichtpunkte zu erzeugen, die das Motiv vom Hintergrund abheben.

Eine weitere Möglichkeit ist das Einbringen von Kunstlicht. Wie viele Content Creator, hat auch Ellis immer eine mobile LED-Lichtbox dabei. Die Lichtbox im Taschenformat ist so leistungsstark, dass man damit ein Motiv im Vordergrund beleuchten kann, was die Qualität der Aufnahme deutlich steigert. Und nicht vergessen: Wenn du nachts ein gut beleuchtetes Motiv fotografierst, musst du die Belichtung für das Motiv im Vordergrund und nicht für den Hintergrund festlegen.

Den Weißabgleich einstellen

Ein Mann beugt sich mit einer Canon EOS R6 Mark II Kamera heran und fotografiert über ein Lagerfeuer hinweg. Auf dem Touchscreen der Kamera ist ein Paar zu sehen, das neben dem Feuer sitzt.

Personen, die um ein Lagerfeuer sitzen, werden von einem warmen Licht angestrahlt, das mit dem Flackern der Flammen intensiver und weicher wird. Wenn du einen benutzerdefinierten Weißabgleich von 6.000 K oder höher wählst, wird die Wärme des Feuers in den Aufnahmen verstärkt.

Bei der Verwendung von Kunstlicht ist es immer gut, den Weißabgleich zu überprüfen, um die Konsistenz zu gewährleisten. Du kannst den Weißabgleich mit Hilfe einer Weißabgleichskarte oder einem weißen Blatt Papier ganz einfach durchführen. Mache ein Foto von der Karte oder dem Blatt Papier in der Szene, die du aufnehmen willst, wähle dann im Kameramenü die Option [Benutzerdefinierter Weißabgleich] und wähle dort dieses Foto als Referenz. Der Weißabgleich ist nun erfolgt, und die Farben deines Motivs werden akkurat im Bild wiedergegeben.

Du kannst aber mit einem benutzerdefinierten Weißabgleich auch einen ganz bestimmten Look erzielen. Wenn du eine wärmere Bildwirkung erzeugen willst, z.B. beim Filmen eines Lagerfeuers, solltest du einen Weißabgleich von etwa 6.000 K wählen. Wenn du lieber die blauen, kühleren Töne in einer Szene hervorheben möchtest, wählst du einen Wert im Bereich von 2.000 K. Denke daran, dass es bei Aufnahmen im RAW- oder Canon Log-Format einfacher sein kann, den Weißabgleich in der Nachbearbeitungssoftware zu ändern.

Die größtmögliche Auflösung wählen

Ein Fotograf geht in die Hocke, um ein junges Paar in Winterkleidung zu filmen, das plaudernd auf einer Holzterrasse sitzt. Die Szene wird von kleinen Lämpchen beleuchtet.

Wenn du in deine Nachtszenen Licht einbeziehst, so dient das natürlich nicht der Ausleuchtung der Szene. Vielmehr geht es darum, das Licht so einzusetzen, dass es deine Motive hervorhebt.

„Wenn ich für soziale Medien aufnehme, filme ich in 4K und konvertiere das Material dann in 1.080p“, erklärt Ellis, „denn das hilft bei schwachem Licht gegen Bildrauschen und macht meine Details besonders scharf.“

Die Canon EOS R6 Mark II nimmt 4K-Videos mit bis zu 60 B/s durch Oversampling der 6K-Sensordaten auf. Das sorgt für eine noch bessere Schärfe und ein noch geringeres Bildrauschen im Vergleich zum nativen 4K. Einfach ausgedrückt, bedeuten höhere Auflösungen, dass mehr Daten in jeder Datei gespeichert werden, was zu schärferen Bildern, besserer Farbwiedergabe und größerer Flexibilität bei der Nachbearbeitung führt. Je mehr Daten du bei wenig Licht in jeder Datei hast, desto einfacher ist es, eine eventuell vorhandene Körnigkeit zu entfernen.

Den Ton nicht vergessen

Ein Mann befestigt ein Mikrofon am Multifunktions-Zubehörschuh einer Canon EOS R6 Mark II Kamera.

Das Canon Stereo-Richtmikrofon DM-E1D wird am Multifunktions-Zubehörschuh der Kamera befestigt und darüber mit Strom versorgt – ganz ohne Kabel oder Ladegerät.

Ein wichtiges Merkmal von bei Dunkelheit aufgenommenen Videos ist der Ton, da unser Gehör bei Abschwächung unseres Sehvermögens geschärft wird. Deine Kamera hat sicher ein integriertes Mikrofon, aber um wirklich jedes geflüsterte Kichern und Lagerfeuerknistern einzufangen, solltest du in ein externes Mikrofon investieren, wie z.B. das Canon Stereo-Richtmikrofon DM-E1D, das am Multifunktions-Zubehörschuh der Kamera befestigt wird.

Experimentiere mit den verschiedenen Richtungsmodi des Mikrofons, um unterschiedliche Anteile von Sprache und Umgebungsgeräuschen aufzunehmen, bis du die Atmosphäre der Szene richtig festhältst. Möglicherweise willst du auch Umgebungsgeräusche getrennt von der Hauptvideoaufnahme aufzeichnen. Bei der hier gezeigten Aufnahme eines Lagerfeuers kannst du zum Beispiel die Geräusche des Feuers aufnehmen und diese dann über die Aufnahmen aus der Entfernung legen.

Kreativ werden

In der sonst herrschenden völligen Dunkelheit zeigt ein einzelnes Licht die Umrisse eines Fotografen, der sich hinhockt.

Nachtaufnahmen bieten viel kreativen Spielraum, vor allem, wenn man wie Ellis die Dunkelheit als ein „unbeschriebenes Blatt betrachtet, auf dem man aufbauen kann“.

Sobald du weißt, wie du natürlich wirkende Aufnahmen machst, kannst du ganz selbstbewusst kreativ werden. Egal, ob du einen nächtlichen Vlog, ein Musikvideo oder einen Kurzfilm drehst – arbeite mit dem, was du zur Verfügung hast. Straßenlaternen sind ein guter Ansatzpunkt. Ellis sagt: „Straßenlaternen eignen sich gut als Hauptlicht [primäre Beleuchtungsquelle] und als Gegenlicht, je nachdem, wo du dein Motiv positionierst. Und du kannst auch mit grellem, hellem Licht experimentieren, indem du dein Motiv nahe an der Straßenlaterne positionierst, oder mit diffuserem Licht, indem du es bittest, etwas weiter weg zu gehen.“

Ein weiterer Tipp von Ellis ist die Verwendung von Autoscheinwerfern, um das Motiv von hinten zu beleuchten und eine dramatische Silhouette zu erzeugen. Diese kann durch Nebel noch verstärkt werden, der das Licht streut und es ermöglicht, das Motiv noch weiter vom Hintergrund abzusetzen. Verwende ein kurzes Teleobjektiv, z.B. das Canon RF 85mm F2 MACRO IS STM, um das Motiv so in den Bildausschnitt zu bekommen, dass man das Auto nicht mehr sehen kann, was der Szene eine gewisse Mystik verleiht – oder du nimmst ein Weitwinkelobjektiv, z.B. das Canon RF 24mm F1.8 MACRO IS STM, um das Auto als Teil der Geschichte mit in die Bildkomposition einzubeziehen.

Wenn du es gewohnt bist, tagsüber Videos aufzunehmen, sind nur wenige Anpassungen erforderlich, um auch bei Nacht gute Videos aufzunehmen. Und wenn man erst einmal die Grundlagen beherrscht, eröffnet sich eine ganz neue Welt der Kreativität.

Matthew Bowen

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