Ein Fotografieprojekt zu präsentieren kann eine einschüchternde Aufgabe sein. Natürlich möchtest du einen tollen ersten Eindruck machen und dafür sorgen, dass deine Arbeit gesehen wird. Es kann jedoch schwer sein, aus dutzenden, wenn nicht hunderten vielversprechenden Foto-Storys hervorzustechen, die Fotoredakteuren jeden Tag zugeschickt werden. Wenn du eine Idee hast – oder vielleicht bereits ein Projekt begonnen oder sogar abgeschlossen hast –, weißt du dann, wie du es zur Veröffentlichung bringen kannst?
Wir haben mit zahlreichen Fotografen und Fotoredakteuren gesprochen, die gemeinsam über mehrere Jahrzehnte Branchenerfahrung in der Sichtung von Fotos, Vergabe von Aufträgen und Bewertung von Portfolios verfügen. Hier verraten Sie, was man tun kann, um seine Erfolgschancen bei der Präsentation einer Foto-Story zu verbessern.
Erste Schritte in der Fotografie: Präsentation bei Fotoredakteuren
Stelle sicher, dass die Redakteure auf deine Fotos zugreifen können
Es mag zwar offensichtlich scheinen, doch es ist unabdingbar, dass die Redakteure auf die von dir zugeschickten Fotos zugreifen können – bevorzugt mit minimalem Aufwand. Wenn du einen guten ersten Eindruck machen möchtest, sende nicht einfach Unmengen von Bildern und hoffe auf das Beste.
„Die Sichtbarkeit eines Fotografenprojekts ist sehr wichtig. Lade dein Projekt auf deiner Website hoch oder ordne es ordentlich in einer PDF an“, sagt Naama Stern, eine israelische Fotojournalistin und Dokumentarfotografin, die am Canon Student Development Programme 2022 (CSDP) teilgenommen hat. „Kein Redakteur verschwendet Zeit damit, unzählige E-Mail-Anhänge zu öffnen und einzeln herunterzuladen.“
Fiona Shields, Head of Photography beim Guardian und regelmäßige CSDP-Mentorin, stimmt zu. „Die Bilder sollten leicht zugänglich sein, z. B. als PDF-Anhang“, sagt sie. „Es ist wichtig, Bildunterschriften einzufügen, damit wir wissen, um wen, um was, um welchen Ort und um welche Zeit es sich dreht. Dann kann ich schnell eine Entscheidung über die Qualität der Arbeit und die Relevanz der Geschichte treffen, und wir können fortfahren.“
Sei kritisch bei der Auswahl deiner Bilder
Bei der Zusammenstellung der Bilder für deine Präsentation solltest du wählerisch sein und eine möglichst hohe Wirkung erzielen. Thomas Borberg, Fotograf, Lehrer, ehemaliger Photo Editor-in-Chief bei Politiken und regelmäßiger CSDP-Mentor, sagt, dass sich dadurch deine Erfolgschancen erhöhen.
„Ich denke, du musst Fotografie gewissermaßen als eine Art Gericht sehen“, sagt er. „All deine Bilder sind vergleichbar mit Zutaten, von denen du dir die besten herauspickst, sie miteinander vermengst und dann hübsch anrichtest. Serviere sie auf eine Weise, die mich neugierig macht ... Stell dir vor, du hättest nur 30 Sekunden oder eine Minute, um deine Kreation zu servieren.“
Wählerisch zu sein bedeutet jedoch nicht, Kontext oder Vielfalt aus deinen Kompositionen zu streichen. „Ich erhalte viele Storys und finde die Bandbreite der Bilder oft sehr begrenzt“, sagt Magdalena Herrera, ehemalige Kamerafrau bei GEO France und CSDP-Mentorin. „Mir ist oft nicht klar, wo wir gerade sind – die Fotografen zeigen direkt die Menschen oder die Aktivität. Wir sehen keinen Kontext, also nicht die Häuser, die Straßen oder die Umgebung, in der die Menschen leben. Du musst so viele visuelle Elemente wie möglich einbringen. Das heißt, ein vollständiges Projekt besteht aus Bildern der Umgebung, Porträts, Detailaufnahmen und verschiedenen Perspektiven.“
Du studierst Fotografie oder Film?
Wähle den Pyramidenansatz des Präsentierens
Oftmals muss der Fotoredakteur, dem du deine Idee unterbreitest, so schnell wie möglich genau erkennen, was du anbietest. Um die Sache zu vereinfachen, solltest du deine Präsentation in Form einer Pyramide aufbauen. „Verfasse eine Überschrift, formuliere eine kurze Zusammenfassung [auch bekannt als Standfirst], und erkläre dann genauer, warum deine Präsentation aktuell und von Nutzen ist“, erklärt Shields.
Stern verfolgt einen ähnlichen Ansatz mit den Bildern in ihren Präsentationen. „Ich empfehle, den endgültigen Projektlink oder die PDF sowie ein Foto vom besten Bild aus der Projektserie als Anhang zur E-Mail hinzuzufügen. Dadurch gibt man einen kleinen Einblick in das Projekt und kann das Interesse des Redakteurs wecken, bevor er die E-Mail überhaupt geöffnet hat“, sagt sie.
Füge einen aussagekräftigen Lebenslauf bei
Einer der wichtigsten Bestandteile einer erfolgreichen Bewerbung ist ein prägnanter Lebenslauf, der dich als Fotografen charakterisiert und deine bisherigen Arbeiten sowie deinen Mehrwert für die Publikation repräsentiert. „Dein Lebenslauf sollte gegebenenfalls deine Fachgebiete beinhalten, falls du dich beispielsweise auf Unterwasserfotografie spezialisiert hast. Es ist hilfreich, zusätzliche Fähigkeiten zu kennen“, sagt Shields.
Denk unbedingt daran, deine Kontaktdaten, einschließlich deiner Handynummer und deines Wohnortes, anzugeben. „Zeige deine veröffentlichten Arbeiten, da Redakteure sehen möchten, ob dein Stil zu ihren Publikationen passt. Gleichzeitig solltest du auch deine experimentelleren Arbeiten präsentieren – zeige, dass du auch originelle Ergebnisse liefern kannst“, fährt Shields fort.
„Es wird immer mehr ‚Old School‘, eine Story zu präsentieren, die nur mit einer handgeführten Kamera und ein oder zwei Objektiven aufgenommen wurde“, fügt Rickey Rogers, Global Editor bei Reuters Pictures und CSDP Sprecher, hinzu. Die Einbindung von Technologien wie Drohnen, ferngesteuerten Kameras und sogar VR-Videos ist eine gute Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass deine Arbeit aus der Masse hervorsticht.
„Wir engagieren immer seltener Fotografen, die keine Drohne und einen Drohnenführerschein haben, für Storys über Naturkatastrophen oder Konflikte“, sagt er. „Du solltest mit der neuesten Technologie Schritt halten und sie in dein Portfolio und deinen Lebenslauf einbeziehen.“
Es persönlich wirken lassen
„Trau dich ruhig, dich so zu zeigen, wie du bist“, sagt Rogers. „Das Impostor-Syndrom ist weitverbreitet, aber denk daran, authentisch zu sein, und vertraue auf deine Stärken.“
Stern meint: „Ich halte es für entscheidend, auf das Thema einzugehen, dass du als Fotograf studiert und dokumentiert hast. Dein Projekt berührt wahrscheinlich ein Thema, das dich betrifft, das dich interessiert oder das dir physisch oder emotional nah ist. Wenn die Menschen einen Bezug zu dem Thema haben und sich damit identifizieren können, haben Sie mehr Interesse daran. Dann ist es von höherer Bedeutung für sie und sie lassen sich mehr auf deine Story ein. Das Wichtigste ist, eine Verbindung zu denjenigen aufzubauen, die an deinem Projekt interessiert sind.“
Gehe gezielt vor
„Fotografen sollten sich immer die Zeit nehmen, um die Publikation kennenzulernen, an die sie sich mit ihrem Projekt werden“, sagt Borberg. „Manchmal erhalte ich eine unpersönliche E-Mail mit einer Idee, die an einen beliebigen Empfänger gerichtet ist – eine Zeitschrift, eine Zeitung oder sogar einen Buchredakteur. Ich würde dann gern sagen: „Wenn du schon meine Zeit in Anspruch nimmst, dann bitte mit etwas, das du genau bei mir drucken oder veröffentlichen lassen willst, nicht bei irgendjemandem.“
Die armenische Fotografin Anush Babanyan ist Mitglied der VII Photo Agency, gehört zu den National Geographic Explorers und ist die Gewinnerin des Canon Female Photojournalist Grant 2019 sowie Mentorin für das CSDP. Battered Waters, ihr Langzeitprojekt über die Klimakrise in Zentralasien, wurde für den World Press Photo Contest 2023 nominiert. „Als Fotografin weiß ich, wie es hart es sein kann, sich immer wieder zu bewerben und ständig Absagen zu erhalten“, sagt sie. „Doch der einzige Weg zum Erfolg besteht darin, es weiter zu versuchen. Man sollte auf jeden Fall verstehen, welche Arten von Storys die Publikation veröffentlicht, um zu wissen, ob es Raum für deine Story gibt. Du solltest sie außerdem in ein paar wenigen, kurzen Sätzen erklären und klarstellen können, warum sie jetzt erzählt werden muss.
„Ein Beispiel für eine erfolgreiche Präsentation war mein Vorschlag an die Publikation Rest of World, IT-Beschäftigte zu fotografieren und zu interviewen, die seit Beginn des Ukrainekriegs von Russland nach Armenien gegangen sind“, fährt sie fort. „Diese ungewöhnliche Perspektive passte zu der technikorientierten Publikation.“
Erzähle berichtenswerte Storys
Rogers hält es für unerlässlich, sich laufend über das Weltgeschehen zu informieren, wenn man Fotojournalismus-Storys präsentieren möchte. „Richte deine Bemühungen auf Storys, die für die wichtigsten, laufenden Nachrichtenthemen relevant sind, und nicht auf solche, über die bereits umfassend berichtet wurde“, sagt er. Dabei gilt es, kritisch vorzugehen – Themen, die noch vor ein paar Monaten heiß diskutiert worden, können heute schon wieder an Bedeutung verloren haben. „Deine Präsentationen sollten von den Auswirkungen auf einzelne Personen handeln, deren Geschichten den Nachrichten ein menschliches Gesicht geben.“
Entwickle umsetzbare Ideen
Ideen sind billig; sie auszuführen, kann ziemlich kostspielig sein. Ein ambitioniertes Projekt zu präsentieren, ist schön und gut, doch du musst es auch realisieren können.
„Es ist gut, wenn mir ein Fotograf eine kreative Idee präsentiert, von der ich noch nicht gehört habe – eine andere Herangehensweise an ein Thema, die meine Aufmerksamkeit erregen wird“, sagt der ehemalige AFP Photo Director und frühere CSDP Sprecher Francis Kohn. „Aber die Geschichte muss auch machbar sein. Manchmal bitten Fotografen dich um eine Geschichte, die ein wenig verrückt und praktisch nicht gut durchdacht ist. Das Budget ist ebenfalls ein Problem, aber wenn es sich um eine gute Geschichte handelt, lässt sich das diskutieren.“
Setze die sozialen Medien zu deinem Vorteil ein
Alabi Samuel Anjolaoluwa nahm am CSDP 2022 teil und erhielt nützliche Tipps, wie man sich als professioneller Fotograf weiterentwickelt, sowie ein Mentoring durch Canon Ambassador Ilvy Njiokiktjien. Er rät, die sozialen Medien in deine Präsentationen zu integrieren, um mehr von deiner Arbeit sichtbar zu machen. „Du kannst sie wie ein zusätzliches Portfolio verwenden“, sagt er. „Das geht schnell und ein einzelnes Bild könnte online zum Hit werden. Du weißt nie, wer deine Arbeit verfolgt und ihr Aufmerksamkeit schenkt. Manchmal braucht es nur eine DM, eine E-Mail oder einen Anruf. Zieh dein Ding durch!“
Stern stimmt zu. „Wenig überraschend sind soziale Netzwerke heutzutage ein wesentlicher Bestandteil unseres Lebens. Sie sind wie eine Landingpage über uns als Personen. Fotografen kommunizieren darüber mit Redakteuren, mit anderen Fotografen und mit ihrem Publikum. Deshalb ist es wichtig, lebendige und aktuelle Profile zu pflegen.“
Babanyan fügt hinzu: „Ein Redakteur möchte vielleicht nicht nur die Bilder zu deiner Präsentation sichten, sondern auch einen Blick auf deine Social-Media-Konten werfen, um eine bessere Vorstellung von deiner Arbeit zu erhalten.“
Einblicke in das Canon Student Development Programme
Bewirb dich für Portfoliobewertungen und nimm an Wettbewerben teil
Canon Ambassador Gulshan Khan, eine südafrikanische Fotojournalistin in Johannesburg, hält es für besonders wichtig, dass die eigene Arbeit gesehen wird, wenn du dich das erste Mal auf einen Job bewirbst. „Was mir wirklich geholfen hat, waren Portfoliobewertungen“, erklärt sie. „Bewirb dich für Portfoliobewertungen und Stipendien, wie die der Open Society Foundations, Everyday Africa und Women Photograph.“
Shields, die zuvor als Bildredakteurin, Mentorin und Jurymitglied bei verschiedenen Fotowettbewerben tätig war, hält Wettbewerbe für eine tolle Möglichkeit, neue Talente zu entdecken. „Hab keine Angst, an Wettbewerben teilzunehmen, denn oft sind die Jurymitglieder vielseitig aufgestellt und kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen“, sagt sie. „Du triffst Fotoredakteure für Nachrichtenmagazine, aber auch Kuratoren für Ausstellungen und Museen, es ist also auch ein Tor zur Kunstwelt.“
In dieser Episode des Canon Podcasts „Shutter Stories“ erhältst du weitere Einblicke von Branchenexperten:
Hake nach und entwickle Kontakte
Shields fügt hinzu, dass es sich lohnt, auf professionelle Weise nachzuhaken, nachdem du deine Präsentation eingereicht hast. „Es ist schwer, einen von uns am Telefon zu erwischen. Wenn du jedoch nichts von mir hörst, bedeutet das in der Regel nicht, dass ich unhöflich bin oder dein Projekt ablehne, sondern dass ich deine E-Mail noch nicht gelesen habe. Ich würde vorschlagen: Vorsichtig anklopfen“, sagt sie.
Stephan Lucka nahm im Jahr 2020 am CSDP teil. Heute ist er als freiberuflicher Fotograf tätig, dessen Arbeiten bereits in der Zeitschrift Stern und auf der Website von Der Spiegel veröffentlicht wurden. Sein Portfolio umfasst ein Fotoprojekt mit dem Titel „Das Gefühl, das nur wir kennen“, in dem er die Jugendbewegung der Pfadfinderinnen und Pfadfinder in Deutschland dokumentiert.
Lucka gab uns außerdem diese Tipps mit auf den Weg: „Versuche, das Bestmögliche aus deinem Portfolio herauszuholen, und es so kurz wie möglich und so lang wie nötig zu machen“. „Sei beharrlich. Manchmal klappt es nicht, aber lass dich davon nicht unterkriegen, und versuche eine Verbindung zu den Menschen aufzubauen. Es geht nicht nur um die Qualität deiner Arbeit, sondern auch um die menschliche Beziehung.“
Bornberg ergänzt: „Ich mag es, wenn die Leute einen konstruktiven Ansatz verfolgen, wenn ich sie ablehne, und mich dann fragen: ‚Was hätte ich tun können, damit diese Geschichte für Sie interessant ist?‘. Vielleicht liegt es an der Bearbeitung, vielleicht am Zeitpunkt oder an etwas anderem. Ich gebe gerne Tipps, damit sie sich weiterentwickeln können, weil das für uns beide hilfreich ist.“
Zeit zum Präsentieren
Letztendlich gibt es keinen Geheimtipp für eine garantierte Beauftragung. Wenn du aber diese Expertentipps berücksichtigst, erhöhen sich deine Chancen mit Sicherheit, und du erhältst eine solide Arbeitsgrundlage. Denk daran, immer professionell und höflich aufzutreten und vergiss nicht, dass auch die renommiertesten Fotografen manchmal abgelehnt werden. Und jetzt viel Erfolg!
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