Beim jährlichen Festival „Visa Pour l'Image“ wird der im Jahr 2000 eingeführte Canon Female Fotojournalist Grant verliehen. Das mit 8.000 € dotierte Stipendium wird einer „herausragenden Fotografin für ihren Beitrag zum Fotojournalismus“ verliehen und soll entweder den Abschluss eines bestehenden Projekts unterstützen oder die Umsetzung eines neuen Projekts erleichtern, das dann im darauf folgenden Jahr beim Festival ausgestellt wird.
„Die Auszeichnung hat alles verändert“ – lerne die Empfängerinnen des Canon Female Fotojournalistin Grant kennen
Für die Empfängerinnen kann das Stipendium das Leben verändern, sowohl aufgrund der nicht unbedeutenden finanziellen Unterstützung als auch durch die Aufmerksamkeit, die der Arbeit der Fotografin dadurch zuteil wird. So haben gleich mehrere frühere Empfängerinnen später World Press Photo Awards und Pulitzer-Preise erhalten. Andere wurden zu Markenbotschafterinnen und arbeiten nun mit führenden internationalen Zeitschriften zusammen.
2023 fiel die Wahl der Jury – bestehend aus Journalisten und Redakteuren von The New York Times, Le Monde, Conde Nast und anderen – auf die britisch-schwedische Fotojournalistin Anastasia Taylor-Lind, die für ihr laufendes Projekt „5K from the Frontline“ ausgezeichnet wurde. Taylor-Lind fotografiert seit 2014 Gemeinden an der Front im östlichen Donezbecken in der Ukraine. Sie fotografiert immer wieder dieselben Familien, die mit dem Einmarsch Russlands zu kämpfen haben. Ihre Bilder zeigen den anhaltenden Überlebenswillen und das Aufrechterhalten alltäglicher Routinen trotz des Kriegs.
Besitzt du eine Canon Ausrüstung?
„Dieses Stipendium von Canon ist unbezahlbar. Es kam genau zum richtigen Zeitpunkt“, sagt Sabiha Çimen, Empfängerin des Grant 2020. Çimen gewann den Grant für Ihre laufende Serie „Hafiz: the Guardians of Qur'an. Sie dokumentiert muslimische Mädchen, die versuchen, den gesamten Koran – insgesamt 30 Bücher und 6.236 Verse – nach einer fast 1500 Jahre alten Tradition auswendig zu lernen. „Ich arbeite seit drei Jahren an diesem Projekt und brauche weiterhin Unterstützung, um es abzuschließen“, erklärt Çimen.
Sechs ehemalige Empfängerinnen verraten, was die Auszeichnung für sie bedeutete, und geben Ratschläge für die nächste Generation von Teilnehmerinnen.
Bedeutsame Geschichten bebildern
„Ich hatte keine Zeit zu überlegen, ob ich an diesem Wettbewerb teilnehmen sollte, da ich erst zwei Tage vor Bewerbungsschluss von meinem Bildredakteur davon erfahren habe“, erinnert sich Magali Delporte, die erste Empfängerin des Stipendiums im Jahr 2001 mit ihrem Projekt „Unseen: Sport Without Sight“, das die Leistungen von behinderten Sportlern ins Bild brachte.
„Ich weiß noch, wie ich mir DIN-A3-Kopien aus der Times machte und meine Bewerbung bei meiner Rückkehr aus Frankreich auf der Fähre verfasste“, sagt sie. „Ich habe meine Bewerbung am letzten Tag eingereicht.“
Mit diesem ersten Stipendium konnte die französischen Fotojournalistin fünf Sportprojekte finanzieren. Seitdem wurden ihre Arbeiten in The Financial Times, Le Monde und Le Figaro veröffentlicht.
Magali Delporte (2001)
„Wenn du ein Projekt auf eigene Faust durchführen willst, solltest du dich um Stipendien und Preise bewerben“, sagt sie. „Das Stipendium bringt nicht nur finanzielle Hilfe, sondern verschafft dir auch mehr Aufmerksamkeit, damit deine Geschichten veröffentlicht werden. Schließlich wollen wir alle nicht, dass unsere Arbeiten auf einer Festplatte versauern.“
Glück beim neunten Mal
Im Gegensatz zu Delporte, die gleich auf Anhieb gewannen, bewies die französisch-spanische Fotojournalistin Catalina Martin-Chico, dass Beharrlichkeit sich auszahlt: 2017 erhielt sie bei ihrem neunten Versuch das Stipendium für ihre Bilder des Babybooms unter ehemaligen FARC-Rebellinnen in Kolumbien.
„Die Stipendium hat vieles verändert“, erzählt sie. „Es brachte enorme Aufmerksamkeit – nicht nur für mich, sondern auch für eine Geschichte, die viele Zeitschriften nicht veröffentlichen wollten. Zu Beginn nutzte ich mein eigenes Geld, was natürlich nicht reichte. Um die Geschichte nach dem Konflikt zu erzählen, musste ich dorthin zurückkehren. Das Stipendium gab mir die Möglichkeit, genau das zu tun.“
Martin-Chico empfiehlt, eine „klare und genaue“ Bewerbung zu verfassen: „Gehe tief in dich hinein, und vermittle, dass du diese Geschichte unbedingt erzählen willst, dann wirst du überzeugend sein. Du musst nicht viel schreiben, aber du musst erklären, warum genau diese Geschichte wichtig ist.“
Catalina Martin-Chico (2017)
Sie hat die Erfahrung gemacht, dass man sie nach ihrer Auszeichnung als Canon Female Photojournalist des Jahres in einem anderen Licht betrachtete. „Ich konnte mir dadurch in der Branche mehr Respekt verschaffen. Frauen brauchen diese Aufmerksamkeit für ihre starken Arbeiten. Solche Wettbewerbe sind eine gute Gelegenheit, genau das zu tun.“
Nach ihrer Rückkehr nach Kolumbien mit ihrer Canon EOS 5D Mark III und Canon EOS 5D Mark IV belegte Martin-Chico bei den World Press Photo Awards 2019 den zweiten Platz in der Kategorie „Contemporary Issues“, und eines ihrer Bilder wurde für das World Press Photo of the Year nominiert.
Persönliche und professionelle Unterstützung
Claudia Guadarrama erhielt 2005 das Stipendium für ihr langfristiges Projekt „Before the Limit“, das Flüchtlinge dokumentiert, die in der Hoffnung, die USA zu erreichen, Mittelamerika und Mexiko durchqueren.
Neben der praktischen Unterstützung durch das Stipendium freute sie sich sehr über die Anerkennung, die ihr zuteil wurde.
„Ich war und bin immer noch sehr dankbar, dass ich dieses Stipendium erhalten habe“, sagt sie. „Es war eine großartige persönliche und berufliche Unterstützung, vor allem, da ich in einem Land arbeite, in dem deutliche Geschlechtervorurteile und eine gewalttätige und sexistische Kultur vorherrschen, sowie in einer Branche, in der Frauen mit mangelnder Gleichstellung der Geschlechter und dem Fehlen von Möglichkeiten zu kämpfen haben.“
Claudia Guadarrama (2005)
Auch die Empfängerin im Jahr 2019, Anush Babajanyan, freut sich über die Unterstützung, die ihr durch das Stipendium gewährt wird. Als Mitglied von VII Photo fängt die armenische Fotografin Geschichten rund um den Südkaukasus mit einer Canon EOS 5D Mark IV mit Canon EF 24mm f/1.4L II USM, Canon EF 35mm f/1.4L II USM und Canon EF 50mm f/1.2L USM Objektiven ein. Sie ermuntert auch andere dazu, sich zu bewerben, selbst wenn sie ängstlich sind.
„Die Anerkennung hat mich berührt, aber der wichtigste Aspekt war die Unterstützung“, sagt Babajanyan. „Die Freiheit, weiterarbeiten zu können, ist alles, was eine Geschichtenerzählerin wirklich braucht. Es ist eine fantastische Chance, und es dauert nicht lange, sich zu bewerben. Wirf einfach deine Zweifel über Bord, und reiche deine beste Arbeit ein.“
Anush Babajanyan (2019)
Ein entscheidender Moment
Im Gegensatz zu vielen anderen Empfängerinnen nutzte die amerikanische Dokumentarfotografin und Gewinnerin des Jahres 2018 Laura Morton das Stipendium, um eine neue Geschichte zu erzählen. Ihr Projekt University Avenue erkundete zwei benachbarte Gemeinden in der kalifornischen Bay Area, die durch eine gewaltige Wohlstandsschere voneinander getrennt sind.
„Die Idee dazu hatte ich schon eine Weile, aber ich wusste, dass es ein kompliziertes Projekt ist, das lange dauern würde“, berichtet Morton, die einen Großteil von University Avenue mit einer Canon EOS R mit einem Canon RF 35mm F1.8 MACRO IS STM Objektiv fotografierte. „Das Stipendium gab mir die finanzielle Unabhängigkeit, um mir diese Zeit zu nehmen. Zeit zum Arbeiten ist für Dokumentarfotografen ein Geschenk, und ein Stipendium erlaubt dir, tiefere und subtilere Geschichten zu entwickeln.“
„Für die Bewerbung musst du entscheiden, was an deiner Stimme und deiner Geschichte einzigartig ist. Das ist nicht einfach, aber einzigartige Ideen können dich weit bringen.“
Laura Morton (2018)
Axelle de Russé wurde 2007 für ihre Fotogeschichte über Konkubinen in China als Canon Female Photojournalist ausgezeichnet, was sich als zentraler Moment in ihrer Karriere herausstellte.
„Für mich bedeutete das Stipendium enormem Druck, war aber auch sehr lehrreich“, sagt sie. „Es war der Auslöser, der den Grundstein für meine Karriere legte. Jede Geschichte, die ich heute produziere, basiert auf den Schritten und Initiativen, die ich damals unternommen habe. Ich habe gelernt, wie man eine Geschichte aufbaut.“
„Dieses Stipendium wird für mich immer etwas Besonderes sein. Es hat mich vorangebracht und mich zum Weitermachen motiviert. Es gab mir das Selbstvertrauen, um die Fotografin zu werden, die ich heute bin.“
Axelle de Russé (2007)
Die bisherigen Empfängerinnen ...
2023 Anastasia Taylor-Lind
2022 Natalya Saprunova
2021 Acacia Johnson
2020 Sabiha Çimen
2019 Anush Babajanyan
2018 Laura Morton
2017 Catalina Martin-Chico
2016 Darcy Padilla
2015 Anastasia Rudenko
2014 Viviane Dalles
2013 Mary F. Calvert
2012 Sarah Caron
2011 Ilvy Njiokiktjien
2010 Martina Bacigalupo
2009 Justyna Mielnikiewicz
2008 Brenda Ann Kenneally
2007 Axelle de Russé
2006 Véronique de Viguerie
2005 Claudia Guadarrama
2004 Kristen Ashburn
2003 Ami Vitale
2002 Sophia Evans
2001 Magali Delporte