Kleine Wunder: Die Entstehung eines persönlichen Projekts zu Frühgeborenen

Vor der Frühgeburt seiner Tochter wusste Filmemacher Giulio Di Sturco nichts über die Welt der Neugeborenen-Intensivpflege. In einer neuen Dokumentation würdigt er die bahnbrechende Arbeit der Mitarbeitenden.
Standbild eines Videos, das mit einer EOS C70 aufgenommen wurde. Die winzige Hand eines Säuglings greift in einem Inkubator den Finger eines Erwachsenen.

„Bei der Aufnahme solcher intimen Momente muss man sich wirklich auf das Geschehen einlassen“, sagt Di Sturco. „Als ich zum Beispiel filmte, wie die Familie den Säugling im Arm hält, mussten sie spüren, dass ich da bin, dass ich auch an der Geschichte teilhabe. Sie mussten mir vertrauen. Und das braucht Zeit.“ © Giulio Di Sturco

Auf einem Strandurlaub in der Toskana mit seiner Familie kam Giulio Di Sturco mit einem anderen Urlauber ins Gespräch. „Ihre Tochter wurde frühzeitig geboren, oder?“ fragte der Mann. Es stellte sich heraus, dass es sich bei diesem Fremden um den weltweit führenden Neugeborenen-Intensivmediziner und klinischen Wissenschaftler Professor Charles Christoph Roehr handelte, der gleichzeitig Vorsitzender der europäischen Gesellschaft für pädiatrische Forschung (European Society for Paediatric Research) ist.

Der Arzt hatte den Schnuller von Di Sturcos Tochter erkannt: Es war ein besonderes Modell, das speziell für Frühgeborene entwickelt wurde. Seine ersten zwei Monate als Vater verbrachte der Fotograf und Filmemacher im Krankenhaus, wo sein damals noch winziges Kind im Inkubator lag. Der Professor berichtete Di Sturco ausführlich von seiner Arbeit auf der bahnbrechenden Neugeborenen-Intensivstation des Southmead Hospital in Bristol im Vereinigten Königreich. Sie ist eine der wenigen Intensivstationen auf der Welt, die sich auf Säuglinge spezialisiert, die nach weniger als 24 Schwangerschaftswochen auf die Welt kommen.

„Die Fetalmedizin ist ein ganz neues Gebiet. Es gibt sie erst seit 20 oder 30 Jahren“, sagt Di Sturco. Er fügt hinzu, dass man Frühchen im Englischen als „miracle babies“ (kleine Wunder) bezeichnet. Denn wenn sie zu einer anderen Zeit geboren worden wären, hätten sie nicht überlebt. „Inkubatoren sind inzwischen so weit entwickelt, dass sie die Temperatur und Luftfeuchtigkeit aufrechterhalten können. Bis vor fünf Jahren war die Behandlung viel invasiver. Roehr hilft dem Säugling dabei, um sein Leben zu kämpfen, greift dabei aber so wenig wie möglich ein.“ Zum Beispiel ermutigt die Intensivstation Eltern zum Hautkontakt mit ihrem Säugling – natürlich immer unter sorgfältiger Begleitung der Intensivpfleger.

Di Sturco war sowohl auf persönlicher als auch auf professioneller Ebene sehr von der Arbeit von Professor Roehr beeindruckt. Der mehrfach preisgekrönte Bildschöpfer erkundet im Rahmen seiner Projekte wegbereitende Fortschritte in den Bereichen Umwelt und Technologie sowie deren Auswirkungen auf die Gesellschaft. In 2017 fotografierte er den humanoiden Roboter Sophia, während er in seiner laufenden Serie Aerotropolis Städte in den Mittelpunkt rückt, deren Existenz in erster Linie auf ihre Flughäfen beruht. Er war sich jedoch unsicher, ob er bereit ist, eine emotional belastende Story aufzunehmen, deren Thema ihm so nahesteht. Die Geräusche auf den Intensivstationen sind ihm besonders in Erinnerung geblieben. „Die Säuglinge werden mit Sensoren überwacht, die an ihre Körper angebracht werden und im Hintergrund dauerhaft piepen“, erinnert er sich. „Manchmal wird ein Alarm ausgelöst, und alle eilen in den Raum, aber man versteht nicht, wieso.“

Ein Techniker mit weißen Handschuhen reinigt den Sensor einer Canon Kamera.

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Gleichzeitig wollte er aber aus erster Hand erfahren, was seine Tochter in den ersten Minuten ihres Lebens durchgemacht hat. Sie wurde nämlich in Frankreich geboren, wo Ärzte Neugeborene hinter geschlossenen Türen wiederbeleben – anders als im Vereinigten Königreich, wo die Eltern anwesend sind. Also entschied er sich, im Februar 2022 eine Woche im Southmead Hospital zu verbringen und dort Aufnahmen zu machen. Seitdem hat er das Krankenhaus bereits mehrfach aufgesucht und das Projekt, das ihm zur Herzensangelegenheit geworden ist, weiterentwickelt.

Filmemacher Giulio Di Sturco trägt blaue medizinische Berufsbekleidung und hält eine Canon EOS C70 Kamera auf Hüfthöhe in der Hand. Er betrachtet den Bildschirm der Kamera.

Di Sturco trug medizinische Berufsbekleidung, während er im Krankenhaus arbeitete. Da er so als Teil des Teams betrachtet wurde, fühlten Familien sich wohler in seiner Gegenwart. © Giulio Di Sturco

Auswahl der Ausrüstung

Krankenhäuser stellen Filmemacher vor einige Herausforderungen. Di Sturco zog zunächst eine Hybridkamera in Betracht, aber letztendlich entschied er sich für die Canon EOS C70, deren Größe viele Vorteile bietet, da sie ihn nicht in seiner Beweglichkeit einschränkte und unauffällig war und sich so hervorragend für Aufnahmen aus der freien Hand eignete. Zudem verfügt sie über einen großen Dynamikumfang und die Fähigkeit zu 4K-Aufnahmen. Di Sturco erinnert sich, dass man ihm riet, für Videoaufnahmen einen Camcorder zu nehmen. „Das war ein großartiger Vorschlag. Ich distanzierte mich von meiner Denkweise beim Fotografieren. Ich musste alles aus der Sicht eines Filmemachers betrachten.

„Es war allerdings hilfreich, dass ich zuerst als Fotograf gearbeitet hatte und nicht als Videofilmer“, fährt er fort. „Ich bin flexibler und brauche weniger Ausrüstung bei der Arbeit. In so einer Umgebung kann man nicht im Team filmen. Ein Videofilmer wäre es gewohnt, jemanden für die Audioaufnahmen zu haben, jemanden für die zweite Kamera... Ich ziehe das allein durch.“

Di Sturco nutzte zwei Objektive: Das Canon RF 100mm F2.8L MACRO IS USM und das Canon RF 28-70mm F2L USM. „Ich würde sagen, 80 % der Zeit habe ich Letzteres verwendet“, erzählt er. „Es war perfekt für wenn sich gerade etwas ereignete, zum Beispiel eine Geburt oder ein Notfall. Ich konnte mich darauf verlassen, dass ich ganz einfach eine Weitwinkel- oder Nahaufnahme machen kann. Wenn alles ruhig war, konnte ich mit dem Makroobjektiv auf die kleinen Details eingehen. Die Kombination aus beiden Objektiven war perfekt für diesen Job.“

Standbild eines Videos, das mit einer EOS C70 aufgenommen wurde. Die Nahaufnahme zeigt das Gesicht einer Mitarbeiterin im Gesundheitswesen, die eine OP-Maske über Mund und Nase trägt.

Herausforderungen und Chancen

Verständlicherweise war es besonders schwierig, die Zustimmung der Eltern zum Filmen zu bekommen. Schließlich dokumentiert man eine Zeit in ihrem Leben, in der sie sehr verletzlich sind. „Es ist eine prekäre Situation“, sagt Di Sturco. „Roehr und sein Team kannten die Patienten gut und konnten bereits erahnen, wer gerne bei dem Film mitmachen würde.“

Dass Di Sturco bereits eine ähnliche Erfahrung durchgemacht hat, war maßgebend. „Ich habe immer mit ihnen gesprochen, meine Geschichte erzählt und erklärt, wieso ich das mache.“

Die Beleuchtung stellte auch eine Herausforderung dar. Zum Beispiel werden Säuglinge, die unter Gelbsucht leiden und mit Phototherapie behandelt werden, in einem abgedunkelten Raum unter blaues Licht gelegt. Dadurch entsteht eine futuristisch anmutende Atmosphäre im Science-Fiction-Stil. „Im Raum waren rund 10 verschiedene Lichter, die alle eine andere Farbe hatten. Es war ein Albtraum“, berichtet Di Sturco. „Anfangs arbeitete ich mit künstlichen Lichtquellen, aber dann wurde mir bewusst, dass die Lichter ein Teil der Geschichte sind: Sie zeigen, dass das ein Krankenhaus ist.“

Das Filmen von Notfällen brachte auch logistische Probleme mit sich. „Es ist schwierig, zu verstehen, was gerade mit dem Säugling geschieht und dabei den Ton richtig einzufangen“, erzählt Di Sturco. „Zum Beispiel hat einmal ein Säugling seinen Beatmungsschlauch gelöst, sodass der Schlauch neu eingeführt werden musste. Ich wollte die Situation mit viel Feingefühl festhalten. Ich wollte mich weder dem Zuschauer noch den Eltern aufdrängen.

„Der Rhythmus auf der Station ist eigenartig. Tage fühlen sich an wie Jahre. Die meiste Zeit passiert nichts. Die Zeit vergeht ganz langsam. Als Elternteil ist man immer auf schlechte Nachrichten gefasst, denn sie können jederzeit eintreffen. Diese emotionale Anspannung wollte ich in meinen Aufnahmen festhalten.“

Kopf und Schultern einer Person mit Brille, die auf einen kleinen Vogel blickt, der wachsam auf einer Werkbank sitzt.

Die Canon Ausrüstung hinter „All That Breathes“

Kameramann Ben Bernhard erklärt, wie er die Auswirkungen der Luftverschmutzung in Delhi mit einer Canon EOS C500 Mark II in seinem von Sundance unterstützten Dokumentarfilm in Szene gesetzt hat.

Neben Weitwinkelaufnahmen, die medizinische Fachangestellte bei der Arbeit zeigen, richtete Di Sturco mithilfe seines RF 100mm F2.8L MACRO IS USM Objektivs die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf die winzigen Hände und Füße der Säuglinge und ließ alles andere außer Fokus. „Die Aufnahmen deuten darauf hin, dass da ein Säugling ist, aber zeigen es nicht wirklich. Der Zuschauer muss nicht alles sehen. Er kann auf den Ton hören und erahnen, was geschieht.“

Standbild eines Videos, das mit einer EOS C70 aufgenommen wurde. Drei Mitarbeitende im Gesundheitswesen stehen neben einem Inkubator und blicken hinein. Auf der einen Seite befinden sich medizinische Geräte und Monitore.

Di Sturco plant noch weitere Filmaufnahmen: In Toronto, den Niederlanden und eventuell Australien möchte er weitere bahnbrechende Neugeborenen-Intensivstationen aufsuchen, wo „sie große Fortschritte in der Forschung mit Frühgeborenen machen und inzwischen bereits Fetalchirurgie praktizieren“. © Giulio Di Sturco

Die nächsten Schritte

Der Film ist noch nicht fertig. Es sind noch weitere Aufnahmen auf anderen Neugeborenen-Intensivstationen geplant. Es ist noch nicht klar, ob am Ende ein Dokumentarfilm oder eine Serie entstehen soll. In jedem Fall möchte Di Sturco durch echte Erfahrungen von medizinischen Fachangestellten, Eltern und Säuglingen sowie durch Interviews vermitteln, wie ein Tag auf der Intensivstation in Bristol verläuft. Im Anschluss möchte er das Projekt auf andere bahnbrechende Neugeborenen-Intensivstationen erweitern.

Di Sturco gehen die Geräusche auf der Neugeborenen-Intensivstation, wo seine Tochter auf die Welt kam, immer noch nicht aus dem Kopf. Trotzdem möchte er den Mitarbeitern mit diesem Film „etwas zurückgeben“, indem er ihre Arbeit mit der Öffentlichkeit teilt. „Diese Welt war mir bislang völlig fremd. Die Mitarbeiter in der Neugeborenen-Intensivpflege sind eindrucksvolle Menschen. Mit diesem Projekt möchte ich ihnen Anerkennung zeigen.“

Rachel Segal Hamilton

Giulio Di Sturcos Ausrüstung

Die Ausrüstung, die Profis für ihre Videos verwenden

Giulio Di Sturco trägt medizinische Berufsbekleidung und hebt eine Canon EOS C70 mit angeschlossenem externem Mikrofon in die Luft.

Kamera

Canon EOS C70

Die erste Cinema EOS Kamera mit RF Bajonett verfügt über den hochmodernen 4K Super 35mm DGO Sensor von Canon. „Die gute Qualität dieser Kamera ist für mich entscheidend, denn so weiß ich, dass ich die Aufnahmen später zuschneiden kann“, sagt Di Sturco.

Objektive

Canon RF 100mm F2.8 L MACRO IS USM

Ein professionelles Makroobjektiv mit klassenbester 1,4-facher Vergrößerung und variabler Kontrolle sphärischer Aberrationen zur perfekten Anpassung des Bokeh. „Ich muss nicht das ganze Bild zeigen“, sagt Di Sturco. „Mit diesem Objektiv kann ich kleinste Details in den Fokus rücken.“

Canon RF 28-70mm F2 L USM

Das RF 28-70mm F2L USM bietet eine Bildqualität, die man von einer Festbrennweite erwarten würde, und bietet darüber hinaus eine maximale Blendenöffnung von 1:2 – für noch mehr kreative Freiheit. Di Sturco sagt: „Mit diesem Objektiv konnte ich im Krankenhaus stets flexibel entscheiden, ob ich mit einer Weitwinkel- oder Nahaufnahme arbeiten möchte.“

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