Die große Neugier für Geschichten hat der freiberuflichen Fotojournalisten Ksenia Kuleshova aus Russland eine erfolgreiche Karriere beschert. Bevor sie 2011 einen anderen Weg einschlug, begann sie beruflich im Bereich Public Relations in Moskau. „Über Fotografie hatte ich nie nachgedacht“, erzählt sie. „Es war keine Liebe auf den ersten Blick. Ich studierte Public Relations, aber ich fühlte mich in meinem Beruf gefangen. Deshalb dachte ich mir ‚Was kann ich tun?‘ Ich beschloss, nach Europa zu gehen, und entschied mich für Deutschland.“ Mit der Einschreibung zum Studium des Fotojournalismus und der Dokumentarfotografie an der Hochschule Hannover musste Kuleshova nicht eine, sondern zwei neue Sprachen lernen – Deutsch und die der Fotografie.
Seitdem die 32-jährige Canon Botschafterin 2017 am Canon Student Development Programme teilnahm, wurden ihre Arbeiten in der New York Times und im Wall Street Journal veröffentlicht. Aktuell strebt sie ihren Masterabschluss in Fotografie an der Fachhochschule Dortmund an. Ihr beruflicher Werdegang zeichnete sich schon als Studentin durch einmalige, persönliche Dokumentarprojekte aus, für die sie Auszeichnungen wie den W. Eugene Smith Grant Award 2020 für Fotografiestudent(inn)en erhielt. Hier spricht Kuleshova über ihren beruflichen Werdegang bis heute und verrät, wie man im Fotojournalismus erfolgreich wird.
ARTIKEL
Ksenia Kuleshova: von der Canon Studentin zur Canon Botschafterin
Wie hast du Fotografie für dich entdeckt, und wieso hat es dir gefallen?
„Mein Vater interessierte sich für Fotografie, und als ich mir alte Aufnahmen von ihm ansah, stellte ich fest, dass er meine ganze Kindheit dokumentiert hat. Als ich mich entschied, nach Deutschland zu gehen, überlegte ich, was ich studieren könnte. Zu der Zeit sprach ich noch kein Deutsch, deshalb wusste ich, dass ich weder Jura noch Medizin studieren konnte, und Kunst hatte mich schon immer interessiert. Ich fand eine Hochschule, die mir gefiel, und das Studium für Fotojournalismus und Dokumentarfotografie klang wirklich interessant. Mir gefiel, dass es nicht einfach nur Fotografie war, sondern dass es mehr darum ging, Geschichten zu erzählen.“
Was hast du als Studentin getan, um in deiner Karriere weiterzukommen?
„Meine Denkweise hatte sich bereits von einer Studentin zur Berufstätigen geändert, als ich noch in Moskau war. Nach meinem Umzug wurde mir klar, dass es an der Zeit war, in mich selbst und meine Zukunft zu investieren. Deshalb widmete ich mich in den ersten vier Jahren, während ich an der Hochschule Hannover eingeschrieben war, meiner Selbstfindung. Es war mir wichtig, mich als Person zu entwickeln, damit meine Arbeit echt und interessant wird. Ich bin viel gereist und habe viele Veranstaltungen und Ausstellungen besucht. Ich erhielt ein Stipendium der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Arbeit dieser Stiftung konzentriert sich auf die Kernideen und -werte der Sozialdemokratie. Außerdem unterstützt sie Studenten. Andere Studenten waren aus den Bereichen Jura, Politik und Medizin. Das Stipendium gab mir und anderen Stipendiaten die Möglichkeit, regelmäßig Seminare zu besuchen. Wir diskutierten über verschiedene Themen, die Osteuropa betrafen, oder darüber, was in Syrien oder Israel gerade geschah, und es wurden verschiedene Gäste oder Redner eingeladen. All dies hat meine Studienerfahrung bereichert.“
Besitzt du eine Canon Ausrüstung?
Welchen Rat würdest du Studenten geben, die sich und ihre Karriere fördern möchten?
„Du brauchst Zeit, um dich selbst kennenzulernen und um herauszufinden, welche Erwartungen du an die Fotografie hast. Für mich war es zum Beispiel hilfreich, Politikseminare zu besuchen. Studenten mit verschiedenen Lebenszielen haben mich inspiriert. Ich bin viel gereist, bisweilen auch ohne meine Kamera. Heutzutage möchten alle ganz schnell ein Projekt finden. Stattdessen sollte man sich die Zeit nehmen, um die Geschichte zu verstehen, die man wirklich erzählen möchte. Es ist wichtig, sich mit seinen Ängsten und Bedenken auseinanderzusetzen. Wenn du vor etwas Angst hast – etwa ein neues Projekt zu beginnen oder an einem bestimmten Auftrag zu arbeiten –, dann ist das genau das, woran man wächst. Wenn du deine Ängste besiegst, wächst du auf persönlicher und professioneller Ebene. Wenn ich Bedenken oder Ängste habe, weiß ich, dass ich es versuchen muss. Im Hinblick auf die Ausrüstung würde ich allen empfehlen, sich ihr Lieblingsobjektiv zu kaufen. Für mich war es das Canon EF 35mm f/1.4L USM (mittlerweile ersetzt durch Canon EF 35mm f/1.4L II USM). Für Aufträge verwende ich außerdem das Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM sehr gerne.“
Seitdem du Studentin bist, arbeitest du an deinem Abchasien-Projekt. Wie hast du dich während dieses Projekts mit der Weiterentwicklung der Fotografie auseinandergesetzt?
„Übersetzt bedeutet Abchasien ‚Land der Seelen‘, und meine Idee war, die Seele dieser Region zu finden und zu zeigen. Nach dem Georgisch-Abchasischen Krieg in den frühen 1990er Jahren erklärte Abchasien seine Unabhängigkeit von Georgien, was aber nur von wenigen Ländern anerkannt wurde. Während meines Studiums arbeitete ich an kleineren Projekten, hatte aber das Gefühl, dass ich sie nicht in meiner fotografischen Sprache ausdrückte. Ich fand mich in den Bildern nicht wieder. Aber mit dem Abchasien-Projekt fühlte ich die Inspiration in den Bildern, die ich machte, und ich wusste, dass ich den richtigen, visuellen Ansatz hatte. Als ich in Abchasien ankam und die Vielfalt der Geschichten sah, die ich erzählen konnte, die Schönheit und Ereignisse, die ich fotografieren konnte, dachte ich: ‚Wow, mit diesem Ort fühle ich mich verbunden, und ich möchte das Land entdecken und vielleicht ein Langzeitprojekt daraus machen.‘ Ich fotografierte mit einer Canon EOS 5D Mark II und lieh mir die Canon EOS 5D Mark III für die nächste Reise, bevor ich die Canon EOS 5D Mark IV kaufte. Ich liebe die Schnelligkeit der EOS 5D Mark IV. Wenn etwas geschieht, drücke ich auf den Auslöser und kann viele Aufnahmen machen, ohne den Moment zu verpassen.
Meine erster Auftrag – und was ich daraus gelernt habe
Wie hat dir das Canon Student Development Programme bei deiner Karriere geholfen?
„Das Canon Student Development Programme war eine sehr wichtige Erfahrung für mich. Ich hatte viele Meetings und Gespräche mit professionellen Fotojournalisten, und neben dem allgemeinen Feedback habe ich neue Freundschaften geschlossen und langfristige Beziehungen aufgebaut. Es war außerdem eine Gelegenheit, mein laufendes Abchasien-Projekt einem großen Publikum zu zeigen, darunter James Estrin vom Lens Blog der New York Times, der später mein Projekt veröffentlichte. Nach dem Programm wurde das Projekt zur Ausstellung beim internationalen Festival für Fotojournalismus Visa pour l'Image ausgewählt. Dank der exponierten Position ergaben sich weitere Kooperationen.“
Wie denkst du über Portfolio-Bewertungen und darüber, einen Mentor zu finden?
„Portfolio-Bewertungen sind sehr wichtig. Nimm jeden Ratschlag an, den du erhältst. Du solltest nichts persönlich nehmen, weil es deine Geschichte ist und sie vielleicht nicht jeder versteht. Aber das ist in Ordnung. Manchmal kommen dir schon während des Gesprächs mit einem Rezensenten Ideen, wie du eine Geschichte oder Geschichten entwickeln möchtest. Es geht nicht darum, dass dir ein Experte sagt, was du tun sollst, sondern darum, über die Geschichte nachzudenken und wie du vorankommst. Ich vertraue nur ganz wenigen Menschen, denen ich meine Arbeiten zeigen kann. Die meisten Menschen haben nicht viele enge Freunde, dasselbe gilt auch für Rezensenten. Du kannst nur ganz wenigen vertrauen.
Wie hast du deinen ersten bezahlten Auftrag erhalten?
„Mein erster bezahlter Auftrag war für das Wall Street Journal. Fotoredakteurin Margeret Keady schickte mir eine E-Mail, in der stand, dass sie meine Projekte bereits seit einiger Zeit verfolgte und einen zwei Tage langen Auftrag für mich hätte. Damals konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich Aufträge per E-Mail erhalten kann, wenn ich mich noch nicht persönlich vorgestellt hatte. Die Geschichte handelte von der Räumung einer Bombe aus dem 2. Weltkrieg in Niedersachsen. Ich antwortete ihr, dass dies mein erster professioneller Auftrag sei. Margaret war so freundlich und bestärkend. Ich war sehr aufgeregt und hatte das Gefühl, ich müsste mich wie ein echter Profi verhalten, wenn ich für ein derartiges Medienunternehmen arbeiten würde. Aber alles lief gut.“
Wie bist du Canon Botschafterin geworden?
„Nach meiner Ausstellung bei Visa pour l’Image wurde ich als ehemalige Teilnehmerin des Canon Student Development Programme erneut eingeladen. Ich arbeitete weiter an Geschichten, von denen ich dachte, dass sie gut wären, und wahrscheinlich aufgrund der Preise, an denen ich teilgenommen hatte, und meiner Aufträge nahm das Interesse daran zu. Eines Tages rief mich Canon an und sagte, dass sie meine Projekte schon eine Weile verfolgten und mich als Canon Botschafterin in Betracht ziehen. Ich war wirklich sehr dankbar, dass ich diesen Anruf erhielt. Ich habe Canon schon immer genutzt, und es ist toll, diese Marke zu repräsentieren, der ich absolut vertraue und auf die ich mich verlasse. Es ist wirklich wichtig, dass ein Unternehmen wie Canon Initiativen lanciert hat, um die Karrieren von Leuten in der ganzen Branche zu fördern, und zwar nicht nur von Profis, sondern auch von Studenten.“
• Bewerbungen für die 2021 Canon Professional Development Week können jetzt von Studenten aus dem ganzen EMEA-Raum eingereicht werden. Qualifizierte Bewerber müssen am 9. Juni 2021 18 Jahre alt sein und bei einer Bildungseinrichtung eingeschrieben sein oder eine andere Ausbildung im Schuljahr 2020/2021 absolviert haben, von Agenturen/Zeitschriften empfohlen werden oder im selben Zeitraum ein Praktikum absolvieren. Für die Teilnahme muss bis zum 31. Juni 2021 ein Portfolio mit ein oder zwei Storys eingereicht werden, die jeweils aus bis zu 20 vollständig untertitelten Bildern bestehen, zusammen mit einer Beschreibung oder Zusammenfassung sowie Details zu Schule, Institut oder Hochschule, einer Kurzbiografie und, falls verfügbar, dem Begleitschreiben eines Professors oder Redakteurs. Weitere Informationen unter: Future Focus.
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