Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Popularität von Social Media die Videowelt verändert – angefangen bei der Forderung nach mehr Spannung in weniger Zeit und schnelleren Schnitten bis hin zu wachsender Geschwindigkeit bei der Bereitstellung von Inhalten. Werden junge Menschen also durch TikTok, Instagram und andere Plattformen zu professionellen Filmemachern? Sind die heutigen Influencer aus der Generation Z die neuen Videofilmer?
Vier Teilnehmer aus unterschiedlichen Genres – vom traditionellen Film bis zu Content Creation – trafen sich, um über Trends zu diskutieren, die sich auf die gesamte Branche auswirken.
Der in Berlin ansässige Filmemacher und Creative Director Danny Feng ist der Leiter von Feng Production, filmt für Marken wie Nike und Samsung und macht seine eigenen Dokumentarfilme. Emma Edwards, eine britische Kamerafrau mit zwei Jahrzehnten Serien- und Spielfilm-Erfahrung, ist Leiterin von Inkydink Pictures, dreht mit Influencern und arbeitet zunehmend an Kurzinhalten für Marken und an interaktiven Medieninhalten. Harry Seaton war als 16-Jähriger einer der erfolgreichsten Facebook-Creators im Vereinigten Königreich. Im Alter von 24 ist er nun regelmäßig auf TikTok zu sehen und leitet das Influencer-Marketingunternehmen Fluential.
Vervollständigt wurde die Runde durch Jita Mitra. Sie ist Produzentin für digitale Inhalte und leitet derzeit die firmeninterne Digital Production Unit von BBC Three, wo sie dafür sorgte, dass die Abonnentenzahl des YouTube-Kanals von 250.000 auf über 1,6 Millionen anstieg.
Inwiefern verändern Social Media die Welt des Filmemachens?
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Was ist der Unterschied zwischen Social-Media-Videos und traditionellen Filmen?
Danny Feng: Für mich ist das ein und dasselbe. Früher war das Filmemachen etwas Exklusives. Du musstest auf eine Filmschule gehen und dann im Team arbeiten, weil die Kameras so groß waren. Heutzutage kannst du alles filmen – auch auf einer winzigen Spiegelreflexkamera. Sobald die Canon EOS 5D Mark IV auf den Markt kam, konntest du mit einem Objektiv 4K-Filme drehen. In einem Social-Media-Video erzählst du Geschichten einfach auf kompaktere, effektivere Weise.
Harry Seaton: Was Danny sagt, ist extrem wichtig. Durch die Popularität von TikTok und Instagram Stories ist vielen Menschen gar nicht bewusst, dass sie Filmemacher sind. Ihnen ist nicht klar, dass sie eine Geschichte aufnehmen, weil es nur so ein kleiner Teil davon ist, aber genau das tun sie. Es geht um die Frage: „Wie viele Elemente, die eine Geschichte ausmachen, kann ich im jeweiligen Medium unterbringen?“
Jita Mitra: Wenn du dir viele YouTube-Formate ansiehst, dann wird dir auffallen, dass das die gleichen Formate wie im Fernsehen sind – nur die Umsetzung ist anders. Da sich mein Berufsleben sowohl im Fernsehbereich als auch im Bereich der digitalen Inhalte abspielt, weiß ich, dass sich in allen Inhalten die gleichen Muster und Rhythmen beim Geschichtenerzählen wiederfinden. Meiner Meinung nach gibt es mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede.
Besitzt du eine Canon Ausrüstung?
Denken Sie, dass Social-Media-Videos die Videowelt als Ganzes verändern?
Emma Edwards: Definitiv – in Bezug auf unsere Aufmerksamkeitsspanne. Wenn ich an den Produktionen anderer Menschen mitwirke, handelt es sich immer um schnelle, schmissige Sachen. Oft nehmen wir auch eine längere Version auf und filmen dabei für mehrere Plattformen gleichzeitig, weil die Budgets so knapp bemessen sind.
Harry Seaton: Viele Menschen, die sich am gleichen Punkt ihres Lebens wie ich befinden, geben vor, längere Dokumentarfilme zu mögen. Aber wenn du dir ihre Bildschirme genau anschauen würdest, stellt sich die Frage: Wie viel Zeit haben sie währenddessen auf TikTok oder Instagram verbracht und dann nur an den entscheidenden Stellen aufgepasst?
Danny Feng: Die Aufmerksamkeit der Menschen heutzutage ist im Wandel, weil es einfach so viele Möglichkeiten gibt – mit nur einem Klick gelangt man in diese verrückte digitale Welt. Wenn ich mir einen Dokumentarfilm ansehe, dann bin ich ganz bei der Sache. Aber das ist nicht bei jedem so, wie Harry bereits erwähnt hat.
Jita Mitra: Beim Fernsehen besteht die Erwartungshaltung, dass das Publikum eher zusieht. Es handelt sich um eine Tätigkeit, bei der sich die Menschen zurücklehnen. Auf digitalen Plattformen gibt es hingegen kein festes Publikum. Du musst viel mehr um die Aufmerksamkeit kämpfen, weil es für Zuschauer wahnsinnig leicht ist, etwas anderes auszuwählen.
Wie wichtig ist die Bildqualität auf Social Media, und welche Auswirkung hat das auf Ihre Filmausrüstung?
Danny Feng: Die Ausrüstung, die wir verwenden, ist abhängig davon, auf welchen Plattformen wir das Endergebnis verbreiten – Kameras im oberen bis mittleren Preissegment werden auch in Zukunft eine Rolle spielen. Der Kontext ist ausschlaggebend. Handelt es sich um eine 15-minütige Werbung auf Instagram, dann ist es aus der Marketing- und Verkaufsperspektive effektiver, wenn die Qualität etwas niedriger ist – das kommt viel besser an.
Harry Seaton: Ich bin ganz deiner Meinung. Ich liebe es, hochwertige und gut produzierte Werbungen im Fernsehen und manchmal auf Social-Media-Plattformen zu sehen. Von Marken auf TikTok möchte ich das nicht sehen. Aber wenn ein Creator etwas hochlädt, was wahnsinnig gut gefilmt wurde, dann springe ich sofort darauf an. In letzter Zeit hat auf TikTok der Trend Fahrt aufgenommen, dass Creators Spiegelreflexkameras verwenden, um atemberaubende Werbevideos auf Fernsehniveau zu drehen – damit haben sie unheimlich Erfolg. Diese Videos stechen heraus, weil die Menschen das auf TikTok nicht gewohnt sind.
Emma Edwards: Sehr oft ist es so, dass die Möglichkeiten bei der Nachbearbeitung begrenzt sind, wenn du deine Aufnahmen mit dem Smartphone gemacht hast. Bei Handy-Aufnahmen ist es schwierig, eine einigermaßen anständige Farbkorrektur zu bewerkstelligen. Ich glaube, den Zuschauern ist das relativ egal, aber als Kamerafrau ist mir das sehr wichtig.
Jita Mitra: Das Publikum hat je nach Plattform unterschiedliche Erwartungen. An dem Gedanken, dass die Qualität auf digitalen Plattformen nicht so gut sein muss, ist definitiv etwas dran. Aber nur weil sie es nicht sein muss, bedeutet das nicht, dass sie es nicht sein darf.
Welche Fähigkeiten erlernen die Menschen, wenn sie Videos für Social Media aufnehmen? Welche Auswirkungen hat das auf die gesamte Branche?
Jita Mitra: Das Erzählen von Geschichten. Wie schaffe ich eine sinnvolle Prämisse, die das Interesse der Menschen weckt, wie erzähle ich diese Geschichte, und wie halte ich die Zuschauer bis zum Ende bei der Stange? Unabhängig davon, ob es um einen einstündigen Dokumentarfilm oder ein fünfminütiges Video geht, muss dein Inhalt einen klaren Zweck verfolgen und dem Publikum einen Grund geben, warum sich das Zusehen lohnt.
Danny Feng: Angesichts einer Welt, in der alles immer digitaler wird und in der du versuchst, so viele hochwertige Inhalte wie möglich zu veröffentlichen, werden die Menschen zwangsläufig an irgendeinem Punkt Fragen stellen. Zum Beispiel: „Oh, sollen wir die Aufnahme mit 24 oder 30 Bildern pro Sekunde machen? Verwenden wir 4K oder 1080? Wie erhalten wir gute Audioqualität?“ Wenn jemand Inhalte erstellen will, wird die Person zwangsläufig die Grundlagen des Filmemachens erlernen.
Sind Social-Media-Plattformen die Geburtsstätte der nächsten Filmemacher-Generation? Werden Content Creators bei Film und Fernsehen einsteigen?
Danny Feng: Für eine Position als Kameramann oder -frau ist in der Branche sehr viel Zeit und Erfahrung nötig. Das Interessante ist, dass die Einstiegshürden im Internet für junge Menschen so gering sind. Sie müssen sich nicht erst bis ganz nach oben emporarbeiten, um ihre Geschichten erzählen zu können.
Jita Mitra: In der traditionellen Filmwelt kann es passieren, dass digitalen Content Creators mit sehr viel Snobbismus begegnet wird. In der digitalen Welt übernimmst du von Anfang bis Ende alles selbst. Beim Fernsehen gibt es eher eine Hierarchie. Wenn du wechseln willst, musst du dir deinen Platz erst verdienen und irgendwo in den unteren oder mittleren Positionen einsteigen.
Harry Seaton: Ich kenne viele Menschen, die TikTok immer noch ablehnen. Das Problem ist der Ruf – jede Unterhaltung, die ich zum Thema TikTok führe, beginnt mit: „Ich dachte, da geht es nur um Teenager, die tanzen.“ Aber TikTok inspiriert mein Team zweifellos bei der Art und Weise, wie wir filmen. Bei manchen Projektvorschlägen haben wir schon TikTok-Videos als Referenz mitgeschickt, so wie man normalerweise Fernsehwerbung und Filme als Inspiration verwenden würde.
Danny Feng: Meiner Meinung nach ist TikTok eine extrem unterschätzte App. Die Menschen betrachten sie als übersättigt, aber wir stehen erst am Anfang. Für uns Kreative ist es einfach eine großartige Möglichkeit, mehr Menschen mit unserer Arbeit zu erreichen.
Was ist für zukünftige Filmemacher wichtig?
Sind Sie der Meinung, dass sich der Markt für professionelle Kameras gut an die Bedürfnisse von Social Media anpasst?
Danny Feng: Als die Canon EOS C70 herauskam, war ich der Überzeugung, dass sie explizit für Social Media optimiert worden war. So wie sie entwickelt wurde, eignet sie sich für vertikale Aufnahmen – ich habe also den Eindruck, dass die Entwicklung der traditionellen Filmkameras sich in eine Richtung bewegt, wo sie auch für Aufnahmen für Social Media einsetzbar sind.
Emma Edwards: Ich versuche immer, die beste Ausrüstung im Rahmen des Budgets auszuwählen. Meiner Erfahrung nach liegt der Kompromiss beim Ton. Er wird vernachlässigt – besonders wenn du im Alleingang einen Dokumentarfilm aufnimmst. Ich will immer eine zuverlässige Ausrüstung und versuche, so gut es geht, mich dafür einzusetzen, indem ich mich für eine Canon EOS C300 [mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon EOS C300 Mark III] oder eine EOS C500 Mark II mit XLR-Inputs stark mache.
Harry Seaton: Die Canon G7 X [mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon G7 X Mark III] ist schon seit Jahren ein Geschenk des Himmels für YouTuber.
Jita Mitra: Wir versuchen immer, die bestmögliche Ausrüstung zu bekommen. Wenn du eine brillante Idee hast und sie dann mit Technologie kombinierst – das ist der Moment, wo sie zu etwas Größerem werden kann, das verschiedene Geschmäcker trifft. Ich denke, als Creator oder Vlogger solltest du die Technologie verwenden, mit der du deine Geschichte am besten erzählen kannst.
Was braucht ein Social-Media-Inhalt, um herauszustechen? Und was finden Sie an der heutigen Welt des Filmemachens aufregend?
Harry Seaton: Die besten Social-Media-Inhalte zeichnen sich durch das richtige Tempo aus. Auf Social Media hast du ein wahnsinnig kleines Zeitfenster, um das Interesse des Zuschauers zu wecken. Ich würde niemals ein TikTok-Video veröffentlichen, dessen Intro länger als drei Sekunden ist. Vermutlich gibt es da draußen Menschen, die sich nichts Schlimmeres vorstellen können, als sich einen Film in Spielfilmlänge anzusehen, weil sie damit mehrere Stunden ihres Lebens vergeuden. In dieser Zeit könnten sie hunderte TikTok-Videos ansehen.
Danny Feng: Das ist so wahr. Der Schnitt ist super, super wichtig. Ich bin ein Kamera-Nerd – als Canon also die EOS R5 und die EOS C70 veröffentlichte, war das extrem aufregend für mich, weil ich dadurch hochwertigere Produktionen mit so kompakten Mitteln produzieren konnte.
Emma Edwards: Ich selbst interessiere mich für Inhalte, von denen ich etwas lernen kann. Außerdem beschäftige ich mich eher mit interaktivem Geschichtenerzählen, und ich entwickle und produziere eine Virtual-Reality-Filmsammlung.
Harry Seaton: Ich habe eine Schwäche für wirklich toll produzierte Werbung oder einen gut gefilmten Original-Inhalt für Netflix oder ITV. Ich warte gespannt darauf, dass Influencer in diesem Bezug ihren Platz finden. Einige TikTok-Filmemacher erhalten zwar Chancen, aber dann könnte man argumentieren, dass es Filmemacher gibt, die nur zufällig auch TikTok nutzen – oder sind sie TikToker, die zufällig Filme machen? So oder so würde ich in der Zukunft gerne viel mehr Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Welten sehen. Und ich denke, das wird auch passieren.
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