Ein Drache, ein Falke und der Ursprung des Universums

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Bild der Raumsonde Hayabusa2, die sich dem Asteroiden Ryugu nähert (Bildreproduktion mit freundlicher Genehmigung von JAXA).

Kleiner als ein Planet, aber genauso faszinierend: Über eine Million Asteroiden in den unterschiedlichsten Formen und Größen umkreisen die Sonne. Vesta, der größte von ihnen, hat einen Durchmesser von rund 530 Kilometern, während andere nur einen Durchmesser von wenigen Metern haben. Irgendwo dazwischen befindet sich der Asteroid mit dem Namen „Ryugu“.

Ryugu hat einen Durchmesser von etwa 900 Metern und umkreist die Sonne in einer Umlaufbahn zwischen Erde und Mars. Er ist von besonderem Interesse, weil er als „kohlenstoffhaltig“ (auch als „C-Typ“ bezeichnet) eingestuft wird. Das heißt, dass er aus Kohlenstoff und anderen organischen Verbindungen besteht und große Mengen an Wasser enthält – und damit zu den ältesten Himmelskörpern überhaupt gehört. Frühere Forschungen deuten nämlich darauf hin, dass C-Typ-Asteroiden Relikte aus der Frühzeit des Sonnensystems sind. Daher können sie möglicherweise Hinweise auf dessen Entstehung und den Ursprung des Lebens enthalten. Es ist also das hohe Alter von Ryugu, das ihn so wichtig macht. Aus diesem Grund hat die Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) im Jahr 2014 die Sonde Hayabusa2 zum Erkunden dieses Asteroiden entsandt. Sie sollte Proben von Materialien wie Sand, Gestein und Gasen von seiner Oberfläche entnehmen.

Besuch des „Drachenpalastes“

Seinen Namen „Ryugu“ erhielt der Asteroid 2015 vom Minor Planet Centre (der offiziellen Stelle für die Beobachtung von Kleinplaneten, einschließlich Asteroiden und die Berichterstattung darüber). Er hat einen reizvollen Ursprung. In einem japanischen Volksmärchen ist Ryūgū-jō (oder der „Drachenpalast“) ein magischer Ort unter Wasser. Er wird von einem Fischer namens Urashima Tarō besucht, der auf dem Rücken einer Schildkröte dorthin reist und mit einer geheimnisvollen Kiste zurückkehrt. Zum Zeitpunkt der offiziellen Namensgebung von Ryugu war die Raumsonde Hayabusa2 (was auf Japanisch „Wanderfalke 2“ bedeutet) bereits seit einem Jahr im All. Erst im Jahr 2018 sollte es zum Aufeinandertreffen beider kommen. Hayabusa2 untersuchte Ryugu über einen Zeitraum von anderthalb Jahren. In dieser Zeit brachte die Sonde zwei Rover und einen Beobachtungs-Instrumententräger auf die Oberfläche des Asteroiden, um Daten zu sammeln. Außerdem wurde ein Partikelmessgerät („Impaktor“) auf die Oberfläche hinab gebracht, um einen künstlichen Krater auf dem Asteroiden zu erzeugen, aus dem Proben entnommen werden konnten.

Eine Raumsonde landet oben auf einem Krater. Sie ähnelt einem goldenen-silbernen Kasten mit zwei Scheiben auf der Oberseite und sechs rechteckigen Feldern auf jeder Seite. Diese bilden die „Flügel“ und sind durch dünne Leitungen verbunden. Die Sonde liegt auf der grauen Oberfläche des Asteroiden Ryugu.

Bild der Raumsonde Hayabusa2, die auf dem Asteroiden landet (Bildreproduktion mit freundlicher Genehmigung von JAXA).

Um die Proben dann zur Analyse zur JAXA zurückzubringen, warf Hayabusa2 eine Kapsel aus etwa 200 Kilometern Höhe über der Erdoberfläche ab. Diese schlug am 6. Dezember 2020 in Woomera im australischen Outback auf dem Boden auf. Das war ein historischer Moment. Es handelte sich hierbei nämlich nicht nur um die Lieferung physischer Proben, sondern erstmals waren auch Gasproben aus dem Weltraum zur Erde geschickt worden. Dabei war es nur die zweitgrößte Probe, die je von einem Asteroiden geborgen wurde.

Der Inhalt der Kapsel wurde anschließend vier Monate lang intensiv analysiert. Ein Teil dieser Analysen wurden dabei mit einem Quadrupol-Massenspektrometer (QMS) durchgeführt. Dieser wurde von der Canon ANELVA Corporation, einem Experten auf dem Gebiet der fortschrittlichen Vakuumtechnologien, hergestellt und auf dem Prüfgerät installiert. Ein QMS, das von vielen Regierungsbehörden und Forschungseinrichtungen eingesetzt wird, ist ein Instrument, das die Identifizierung und Untersuchung von Gasen mit geringer Masse (Low-mass Gases) in gasförmigen Proben unterstützt.

Kurz darauf teilte die JAXA in einer Pressemeldung mit, dass „im Probenbehälter eine schwarze Sandkornprobe gefunden wurde, die vermutlich vom Asteroiden Ryugu stammt“. Schon bald machten sich Teams von sieben Universitäten, der JAXA und der Japanischen Agentur für Meeres- und Erdwissenschaften und Technologie an die Arbeit, um die Geheimnisse dieses Asteroiden zu entschlüsseln. Im Februar 2023 konnten sie ihre erste faszinierende Entdeckung bekannt geben. In dieser unverfälschten Probe konnten die Forscher:innen Uracil, ein Molekül, das zum Transport der genetischen Information in den Zellen beiträgt, sowie Nikotinsäure, auch bekannt als Vitamin B3, nachweisen. Diese Moleküle könnten sich auf Ryugu oder anderen Asteroiden gebildet haben. Das spräche dafür, dass sie irgendwie auf die Erde im Frühstadium gelangt waren und nicht von dort stammen.

In dieser unverfälschten Probe konnten die Forscher:innen Uracil, ein Molekül, das zum Transport der genetischen Information in den Zellen beiträgt, sowie Nikotinsäure, auch bekannt als Vitamin B3, nachweisen.“

„Wissenschaftler:innen haben schon früher Nukleobasen und Vitamine in bestimmten kohlenstoffreichen Meteoriten gefunden. Es stellte sich jedoch immer die Frage, ob eine Kontamination durch Kontakt mit der Erde stattgefunden hatte“, so Associate Professor Yasuhiro Oba von der Universität Hokkaido, dem Hauptautor der Studie. „Da die Raumsonde Hayabusa2 zwei Proben direkt vom Asteroiden Ryugu entnommen und in versiegelten Kapseln zur Erde gebracht hat, kann eine Kontamination ausgeschlossen werden.“

Kürzlich konnten die Wissenschaftler:innen anhand derselben Probe von Ryugu die Auswirkungen des Einschlags winziger Meteoriten auf die Asteroidenoberfläche und die Auswirkungen der Weltraumverwitterung (Veränderungen auf der Oberfläche von Planeten ohne Atmosphäre) untersuchen. Das kann uns helfen, zu verstehen, wie sich Planeten und andere Objekte im Weltraum im Laufe der Zeit verändert haben könnten. Es hilft uns aber aber auch dabei, zu erforschen, was diese Veränderung verursacht haben könnte – und davon vielleicht neue Informationen über andere Planeten abzuleiten. Auch hier war der Ausschluss von Verunreinigungen von enormem Vorteil: Die Forscher:innen konnten diese Analyse sicher durchführen und neue Erkenntnisse über das frühe Sonnensystem gewinnen.

Jede neue Entdeckung fügt sich in das Gesamtbild der Anfänge unseres Universums ein und vergrößert stetig die Zahl der Beweise, die darauf hindeuten, dass die Bausteine des Lebens, wie wir es kennen, im Weltraum entstanden sind – und vor Milliarden von Jahren durch Meteoriten auf die Erde gelangten.

Erfahren Sie mehr über das Hayabusa2-Projekt der JAXA und darüber, wie Canon ANELVA durch Ultrahochvakuumtechnologie zur Weiterentwicklung der Gesellschaft beiträgt.

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