Lernen zu hören, lernen gehört zu werden

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Eine junge Frau mit langem Pferdeschwanz hält eine Kamera ans Auge und fotografiert eine verschwommene Gestalt in der Ferne.

Zweifellos ist es in jedem Alter schwer, mit einer Hörminderung zu leben. Für junge Menschen kann das jedoch einen sehr starken Einfluss auf das Studium, die Beschäftigungsmöglichkeiten und die beruflichen Aussichten haben. In Kenia wird dies durch die hohe Jugendarbeitslosigkeit noch verschärft. Selbst diejenigen, die unternehmerisch denken, können durch zusätzliche Hindernisse darin eingeschränkt werden – z.B. fehlende Fähigkeiten und Netzwerke –, ihre Ambitionen zu verwirklichen.

Leider ist Hörverlust in Afrika ein Problem von beträchtlichem Ausmaß. Die World Health Organisation geht von steigenden Zahlen aus, wobei die überwiegende Mehrheit auf „vermeidbare Ursachen wie Infektionen und häufige Ohrenkrankheiten zurückzuführen ist.“ Für viele der Student:innen, die an den Workshops des Canon Young People Programme in Nairobi teilnahmen, war das mit Sicherheit der Fall. Allerdings waren dies Workshops einer anderen Art. Jeder der Teilnehmer:innen hatte sich zuvor einer Cochlea-Implantat-Operation unterzogen. Die Zeit, die sie mit dem zertifizierten Canon-Trainer Ben Mwangi verbrachten, war Teil eines umfassenderen Rehabilitationsprogramms.

Nahezu eine Million Menschen haben sich weltweit erfolgreich einer Cochlea-Implantat-Operation unterzogen. Eine Heilung über Nacht findet damit allerdings nicht statt. Die postoperative Genesung kann mehrere Wochen dauern – noch bevor das Implantat überhaupt eingeschaltet wird. Und dann muss sich das Gehirn an diesen neuen Sinneseindruck gewöhnen. Das Hören mit einem Cochlea-Implantat muss erlernt werden – und das braucht Zeit. Audiolog:innen verbringen viele Monate damit, das Implantat anhand der Rückmeldungen der Patient:innen regelmäßig „einzustellen“. Gleichzeitig sorgen Therapie, Sprachentwicklung und regelmäßige medizinische Untersuchungen dafür, dass sich die Patient:innen an das neue Leben gewöhnen.

Ein Mann in einem weißen Hemd mit Canon Logo und einer Baseballmütze deutet zu einem großen Bildschirm, auf dem das Bild einer tanzenden jungen Frau mit Kopfhörern zu sehen ist. Mit dem Rücken zur Kamera schauen ihn mehrere junge Student:innen an.

Der zertifizierte Canon-Trainer Ben Mwangi kombiniert den Unterricht im Klassenraum mit praktischen Übungen.

Als sie von dem weltweit tätigen Medizintechnikunternehmen MED-EL mit Canon zusammen gebracht wurden, waren diese ehrgeizigen Kinder und Jugendlichen (im Alter zwischen 9 und 22 Jahren) in diesem Lernprozess schon sehr weit, und bereit, ihren Horizont zu erweitern.

Drei Wochen lang nahmen die Student:innen an vier Kursen mit Ben Mwangi teil und nutzten die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals – SDGs), um ihre persönlichen Geschichten mit umfassenderen globalen Themen zu verbinden. Viele der Student:innen hatten noch nie eine professionelle Kamera in der Hand gehalten. Darum nahm sich Ben Mwangi die Zeit, ihnen die nötigen praktischen Kenntnisse zu vermitteln, bevor er zu den Grundfertigkeiten des visuellen Storytellings überging. Alle angehenden Fotograf:innen entdeckten schnell, wie mächtig eine Kamera dabei sein kann, ihre Reisen mit anderen zu teilen und ihre Erfahrungen in einen größeren Zusammenhang zu stellen.

Die Möglichkeit, dies in einem geschützten Raum zu tun, in dem alle ihre Erfahrungen mit dem Hörverlust und dem Weg zum Hören durch die Cochlea-Implantat-Operation teilen konnten, war für diesen Prozess sehr wichtig. So konnten die Student:innen unter Gleichgesinnten frei und offen sprechen, wobei die älteren Gruppenmitglieder sowohl die jüngeren Kinder als auch ihren Trainer unterstützten. Für den 20-jährigen Studenten Emmanuel Ng'anga war es enorm wichtig, Teil einer solch verständnisvollen und akzeptierenden Gruppe zu sein. Als sich sein Gehör nach einer Kopfverletzung beim Fußballspielen langsam verschlechterte, war die darauf resultierende soziale Isolation schrecklich. „Selbst meine Freunde wollten nicht viel mit mir zu tun haben“, erzählt er.

Esther Muthoga, eine erfolgreiche Social-Media-Influencerin für die Cochlea-Implantat-Gemeinschaft, machte eine ähnliche Erfahrung, als ihre Hörbehinderung nach einer Ohrinfektion dazu führte, dass sie nicht mehr richtig kommunizieren konnte. Die Teilnahme am Canon Young People Programme hat ihre Fähigkeiten erweitert und ihr neue Möglichkeiten eröffnet, ihr Publikum zu erreichen und über Hörverlust aufzuklären.

The words ‘seeing beyond sound’

All diesen jungen Menschen haben schon so viel durchgemacht. Das Programm hat ihnen jedoch gezeigt, dass es aufregende neue Möglichkeiten für sie gibt – das war genau der Schub, den sie brauchten. Felister Nthuli, die Rehabilitationskoordinatorin des Hörimplantatzentrums, war von den Auswirkungen des Young People Programme auf die Teilnehmer begeistert. „Ich konnte sehen, wie ihr Selbstvertrauen gestiegen ist“, berichtet sie. „Die Möglichkeit, drei Wochen lang eine Menge über die Fotografie zu lernen und sie zu verstehen, hat sich wirklich positiv auf ihr Selbstwertgefühl ausgewirkt.“

Am Ende des Kurses hatten die Student:innen beeindruckende Mappen mit Arbeiten erstellt, die alle Themen dokumentierten, die ihnen am Herzen lagen. Viele davon spiegelten ihre Erfahrungen mit der Schwerhörigkeit wider. Die Bilder wurden professionell gedruckt und den Student:innen zusammen mit der Bescheinigung über den Abschluss überreicht. Das ist nicht nur ein starker und greifbarer Beweis für alles, was sie gelernt haben und was sie in ihrer Ausbildung und ihren zukünftigen Unternehmungen unterstützen wird, sondern hat auch einen großen Symbolwert. Jedes Mal, wenn sie die Bilder ansehen, die sie in diesen drei spannenden Wochen produziert haben, werden sie daran erinnert, wie viel sie durchgemacht haben, wozu sie fähig sind und wie viel möglich ist. Ihre Geschichten sind bereit, mit der Welt geteilt zu werden.

Erfahren Sie mehr über das Canon Young People Programme.

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